What Happens When The Rain Falls In Love?

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Für Ethan

Garry hatte mir den Job gegeben, Garry war um die 50, ein älter, hagerer Kerl mit tiefen Geheimratsecken und einem ergrauten Stoppelbart. Ich kannte ihn von den Anonymen-Treffen und wir sind über die Jahre ins Gespräch gekommen. Wir lernten uns kennen, da war ich grad mal 19 Jahre alt und war damals schon kaputter als die meisten in ihrem ganzen Leben. Es war mein erster Arbeitstag in Garry’s Liquor Store und ich war etwas aufgeregt. Einen richtigen Job hatte ich, jetzt mit 24 schon seit Jahren nicht mehr gehabt. Nur ab und zu, kleinere Jobs aus denen ich stets rausgeflogen bin. Wenn man mich heute fragen würde, wie ich all die Drogen und den Alkohol finanziert habe, ich könnte die Frage ehrlich gesagt nur mit ›es klappt einfach‹ beantworten. 
Ich weiß nicht, wie wir es hinbekommen haben, aber irgendwie fand man immer etwas Geld, manchmal vertickte man das was man noch übrig hatte und gab es für anderes Zeug aus. Es ist ein Lebensstil der von einer magischen Bank geführt wird. Man kann es nicht erklären, wenn man es nicht kennt. Natürlich war das Geld knapp, aber wenn man drei Tage auf einem Trip ist, kommt man sowieso nicht zum essen. Garry war für mich wie der liebe Opa, den ich nie hatte. Er ging zu diesen Treffen wegen seinem verstorbenen Bruder. Vielleicht half er mir deshalb so oft aus der Scheiße, die ich immer baute. Es war neun Uhr morgens, ich rauchte eine schlecht gestopfte Zigarette und war seit elf Monaten und zwei Wochen clean, in zwei weiteren Wochen würde ich meinen nächsten Coin bekommen. 

Ich hörte wie das Schloss geöffnet wurde und Garry die eisernen, mit Tags verzierten  Rollläden hochzog. Er lächelte mich an. Es war ein liebevolles Lächeln und seine Augen sprachen Bände mich heute hier zu sehen.
»Alles klar Maddy?«
»Ja Paps, ich bin etwas aufgeregt« sagte ich mit einem verlegenen Lächeln. Paps war mein Spitzname für ihn, so wie er sich stets um mich sorgte und jetzt mit dem kleinen Job, er war einfach nur mein Paps. 
Er versichere mir, daß alles gut gehen würde und erklärte mir noch einmal wo man was fand. Bourbon & Rye, Bier, Vodka, Wein, Garry führte so ziemlich alles in seinem kleinen Laden. Er hatte ihn damals von seinem alten Herren übernommen. Er versicherte mir auch, ich glaube zum zehnten mal, ich würde nicht alleine hier sein. Er würde immer da sein, sollte es Probleme oder Fragen geben. Am Schluss standen wir an der Kasse, sie war wie Garry etwas aus der Mode gekommen, aber es reichte für seine Zwecke. Es war vielleicht eine halbe Stunde vergangen bis der erste Kunde kam. Garry kannte sie alle. Er kannte den Vornamen, die Namen der Kinder, und was ihre Frauen so machten, er war der nette Kerl von nebenan. Ein Urgestein und Rarität. Aber es machte ihm Spaß. Er ging darin auf. Wir kassierten Bob ab und Garry erklärte mir nochmal genau wie seine alte Kasse funktionierte. Ich war aufgeregt und glücklich und musste zugeben, gerade auch etwas überfordert.
Aber Garry und Bob sprachen mir Mut zu. Ich glaube kein anderer Mensch würde mich mit so viel Geld alleine lassen, aber Garry hatte den Glauben nicht verloren. Er glaubte hier draußen, kurz vor den Red-Zones an das Gute im Menschen. Er wusste, die meisten hier hatten keine andere Wahl, als so zu leben. Man hatte ihnen ihre Optionen genommen. So wie man sie mir damals als Kind nahm. Manche Leute sagten immer, ich hätte einfach ›nein‹ sagen können, als wäre es in manchen Leben überhaupt noch möglich ›nein‹ zu sagen. Sie leben als verschissene Moralapostel und sie werden Menschen wie mich wohl nie verstehen und das ist auch gut so.